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Wednesday, November 24, 2010

Mit Allahs Hilfe durch die Krise


Islambanken

Mit Allahs Hilfe durch die Krise

Von Carsten Volkery, London
Weltweit kämpft die Bankenbranche mit den Folgen des Finanzbebens - doch ein Sektor ist auf Wachstumskurs: Islambanken, die Geschäfte nach den Regeln der Scharia betreiben, expandieren. Sie füllen die Lücken, die große Institute durch ihren Rückzug aufreißen.


Den vergangenen September hat David Testa in schlechter Erinnerung. "Wir hatten eine große Emission auf dem Markt, die überzeichnet gewesen wäre, dann kollabierte Lehman Brothers", erzählt der CEO der Gatehouse Bank in London. Die Panikreaktion der Märkte führte dazu, dass der Deal abgeblasen wurde - wie Tausende andere auch. Die Pleite der US-Investmentbank ließ fast niemanden im Londoner Finanzdistrikt ungeschoren.
Islamic Bank in London: "Keine Giftpapiere in den Bilanzen"
Getty Images
Islamic Bank in London: "Keine Giftpapiere in den Bilanzen"
"Kein Zweifel, die Finanzkrise hat uns auch getroffen, weil westliche Banken sich zurückgezogen haben", sagt Testa. Und doch: Der Mittvierziger verströmt eine Zuversicht, die in Bankenkreisen derzeit eher selten ist. "Wir stellen Leute ein", sagt er grinsend. Gatehouse ist eine von fünf Londoner Islambanken - und das erweist sich in der Krise als Wettbewerbsvorteil.
"Islambanken haben keine Giftpapiere in ihren Bilanzen, weil der Koran sie verbietet", erklärt Rodney Wilson, Professor für Islamfinanz an der englischen Durham University. Stattdessen finanzieren sie sich hauptsächlich durch die Einlagen ihrer Kunden und haben daher nicht die Abschreibungsprobleme anderer Banken. Was früher als umsatzhemmende Schrulle belächelt wurde, trifft heute den Geist der Zeit.
In einigen Zirkeln werden die konservativen Investmentprinzipien der Koranbanker schon zum Modell für die gesamte Finanzbranche erhoben. Selbst der Vatikan, nicht gerade für übertriebene Nähe zum Islam bekannt, empfahl den westlichen Casinobankern Anschauungsunterricht bei den glaubensorientierten Kollegen.
Krise weckt Interesse an Scharia-Banking
Islambanken halten sich beim Investieren an die Grundregeln der Scharia, des islamischen Rechts. Es ist Geldmachen unter erschwerten Bedingungen: Zinsen und der Handel mit virtuellen Werten sind verboten, exzessive Schulden und Spekulation tabu. Bei sämtlichen Transaktionen müssen deshalb greifbare Werte wie Immobilien, Edelmetalle oder sonstige Waren den Besitzer wechseln. Der Kunde kann dann als Gewinn eine reale Wertsteigerung verbuchen - statt der verbotenen Zinsen. Das macht das Geschäft zwar komplizierter und in der Regel teurer, aber eben auch weniger riskant.
Die Krise könnte dem lange misstrauisch beäugten Sektor nun zum Durchbruch verhelfen. "Die traditionellen Werte der islamischen Banken werden attraktiver für westliche Anleger, die einen sicheren Hafen im aktuellen Finanzsturm suchen", schreibt die Unternehmensberatung Arthur D. Little in einer neuen Studie. Auch bei den Ausstellern von Wertpapieren nimmt das Interesse zu, weil andere Geldquellen versiegt sind. "Viele Emittenten sind bereit, die zusätzliche Meile zu gehen und sich den Scharia-Regeln zu beugen, um an Kapital zu kommen in einem Markt, in dem konventionelle Banken die Finanzierung eingestellt haben", sagt Testa.
Seine Gatehouse Bank ist ein Start-Up, erst seit vergangenem April im Geschäft. Das Eigenkapital ist mit 50 Millionen Pfund bescheiden, im ersten Jahr hat die Boutique-Investmentbank auch noch keinen Gewinn gemacht. Doch in der Krise tun sich neue Gelegenheiten auf. Die Alternativbanken, die nicht durch Giftpapiere belastet sind, können in die Lücken vorstoßen, die durch die Zurückhaltung der überschuldeten Großbanken entstehen. Es sei ein "guter Moment" für die Branche, sagt Testa: "Die meisten Islambanken sind auf Wachstumskurs."
Tatsächlich hat die zwei Jahre alte Bank of London and the Middle East (BLME) ihre Bilanzsumme im vergangenen Jahr von 297 Millionen auf 872 Millionen Pfund fast verdreifacht. Der Gewinn vor Steuern stieg von 330.000 auf 4,4 Millionen Pfund.
Im Vergleich zu den Milliardenbilanzen der traditionellen Banken sind solche Zahlen Peanuts. Doch das Wachstum lässt die Platzhirsche aufhorchen. Citibank, Deutsche Bank, HSBC - sie alle unterhalten kapitalstarke Scharia-Abteilungen, um die Geldquellen am Persischen Golf anzuzapfen.

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